„Wie viele Menschenrechte stecken in Ihrem Laptop?“ fragt die Bundesregierung in einer neuen Kampagne für „Menschenrechte in globalen Lieferketten“.

https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Wirtschaft-Menschenrechte/nap-kampagne-2020-laptop-artikel.html

Zumindest in Sachen Kakao, wissen Oliver Welke und Christine Prayon (als Birte Schneider) die Antwort: sie „kann noch Spuren von Menschenrechten enthalten“, heißt es in der ZDF-Sendung vom 30. April 2021. „Nur 8% des weltweit produzierten Kakaos werden unter fairen Bedingungen geerntet,“ berichtet Welke. „Ein sehr gutes Beispiel, warum wir endlich in Deutschland ein Lieferkettengesetz brauchen, das unsere Firmen verpflichtet, für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in ihren Lieferketten Verantwortung zu übernehmen.“

Aber die große Koalition hat auf Druck von Wirtschaftsverbänden den Gesetzentwurf so bearbeitet, dass man ihn kaum noch wiedererkennt.

Der Beitrag von der Heute Show im ZDF vom 30. April 2021 ist witzig und unterhaltsam. Gleichzeitig verbindet er beißende Ironie mit einer anschaulichen Analyse. Eine gut verständliche Einführung in ein überaus wichtiges Themenfeld.

Unbedingt anschauen!

 

Die Initiative „Lieferkettengesetz“ (https://lieferkettengesetz.de/), die aus einer Vielzahl von Organisationen, wie Brot für die Welt, BUND, Greenpeace, DGB, den Weltladen Dachverband und vielen mehr, getragen wird, hat zu einer neuen Aktion aufgerufen. Die Initiative bemängelt, dass der Gesetzesentwurf, der bald im Bundestag diskutiert wird, zu schwach ist. An entscheidenden Stellen bedarf das Gesetz einer Verschärfung. Die Initiative fordert, zum Beispiel, dass ein Lieferkettengesetz Unternehmen verpflichten muss, entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschrechts-Risiken zu analysieren, die Rechte von Betroffenen durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung stärken, alle großen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen erfassen und zum effektiven Umweltschutz beitragen muss.

Der Weltladen Metzingen hat die Initiative von Anfang an unterstützt und befürwortet.

Der volle Text des „Lieferkettenbrief“ ist unten wiedergegeben. Der Brief kann online abgeschickt werden von: https://lieferkettengesetz.de/lieferkettenbrief/

Liebe*r Abgeordnete*r,

die Bundesregierung hat sich auf einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz geeinigt, der bald im Bundestag diskutiert und verabschiedet werden soll. In der jetzigen Form fällt das Gesetz jedoch hinter internationale Standards zurück!

Gemeinsam mit der überwältigenden Mehrheit der Menschen in diesem Land bin ich für ein wirksames Lieferkettengesetz. Sie als Mitglied des Bundestags vertreten diese Menschen und haben es in der Hand: Setzen Sie sich jetzt im Parlament für ein starkes Lieferkettengesetz ein, das entlang der gesamten Lieferkette präventiv wirkt und die Rechte von Betroffenen stärkt.

Viel zu oft kommt es in den Lieferketten deutscher Unternehmen zu Leid und Zerstörung. Viel zu oft heißt es: Ausbeutung made in Germany. Deswegen sollten sich alle Unternehmen die Frage stellen müssen: Gibt es in meinen Lieferketten Risiken für die Menschenrechte – und was kann ich dagegen tun?

Doch der vorliegende Gesetzentwurf verlangt von Unternehmen lediglich, dass sie zunächst das Risiko bei ihrem direkten Zulieferer analysieren. Das ist absurd: Sehr viele schwere Menschenrechtsverletzungen ereignen sich am Beginn der Lieferketten, z.B. auf Plantagen oder im Rohstoffabbau. Unternehmen müssen verpflichtet werden, hier präventiv zu handeln – und nicht erst, wenn schon etwas passiert ist. Andernfalls untergräbt das Lieferkettengesetz internationale Standards wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und sendet ein fatales Signal nach Europa.

Ich fordere Sie daher dazu auf: Lassen Sie nicht zu, dass ein deutsches Lieferkettengesetz hinter internationale Standards zurückfällt! Bitte setzen Sie sich im Bundestag dafür ein, dass das Lieferkettengesetz

  • Unternehmen dazu verpflichtet, proaktiv entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechts-Risiken zu analysieren;
  • die Rechte von Betroffenen durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung stärkt;
  • zum effektiven Schutz der Umwelt beiträgt;
  • alle großen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen erfasst.

In den letzten sechs Jahren haben viele Weltläden Aktionen für ein Lieferkettengesetz ausgeführt. Wir im Weltladen Metzingen waren auch dabei. Und jetzt zeigen alle diese gemeinsamen Bemühungen endlich Wirkung. In dieser Legislaturperiode wird es ein Lieferkettengesetz in Deutschland geben!

Der Weltladen Dachverband schreibt dazu:

 „Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das Sorgfaltspflichtengesetz am 4. März verabschiedet. Nun startet der parlamentarische Prozess und damit die entscheidende letzte Phase auf dem Weg zu einem starken Lieferkettengesetz. Damit es so wirksam ist, wie wir es uns wünschen, muss das Gesetz unbedingt noch nachgebessert werden.“

 

Hierzu gibt es eine detaillierte Stellungnahme vom Forum Fairer Handel und der Initiative Lieferkettengesetz:

Liefer- oder Vertragspartner-Gesetz?

 

Hände, die mit einem Kugelschreiber schreiben
Unsplash/Scott Graham
Stellungnahme des Forum Fairer Handel

Liefer- oder Vertragspartner-Gesetz?

Nach monatelanger Blockade durch Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich die Bundesregierung nun auf einen Kompromiss für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Der vorliegende Entwurf (Bearbeitungsstand vom 15.02.2021) bleibt weit hinter den vom Forum Fairer Handel und dem Weltladen-Dachverband gestellten Anforderungen an ein wirksames Lieferkettengesetz zurück und muss an folgenden Punkten dringend nachgebessert werden:

1. Ein Vertragspartner-Gesetz: Es braucht vollumfängliche Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Einer der entscheidenden Mängel an dem Gesetzentwurf ist die unzureichende Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten. Unternehmen müssen Risiken nur für direkte Zulieferer bzw. Partner, mit denen eine Vertragsbeziehung besteht, kennen. Bei weiteren Akteuren entlang ihrer Wertschöpfungskette sollen Unternehmen ihre Risiken nur ermitteln müssen, wenn sie Hinweise über menschenrechtliche Risiken erhalten.

Mit dieser Einschränkung bleibt der Gesetzentwurf an entscheidender Stelle wirkungslos. Viele Menschenrechtsverletzungen wie etwa ausbeuterische Kinderarbeit auf Kakaoplantagen geschehen am Anfang globaler Lieferketten. Damit menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in globalen Lieferketten umfassend und präventiv erfasst werden können, muss die Pflicht der Risikoanalyse auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgeweitet werden.

2. Keine Klagemöglichkeit für Betroffene: Es braucht eine zivilrechtliche Haftung

Der Gesetzentwurf enthält keine zivilrechtliche Haftung. Das heißt, Unternehmen können nicht auf Grundlage des Gesetzes haftbar gemacht werden. Damit Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland sich auf das Gesetz berufen und Unternehmen damit einfacher vor deutschen Gerichten verklagen können, braucht es eine zivilrechtliche Haftung.

3. Eine Bundesbehörde die dem Gesetzesblockierer unterstellt ist: Die BaFa muss ausreichend Befugnisse und Kapazitäten erhalten

Der Gesetzentwurf sieht lediglich eine behördliche Durchsetzung vor. Eine staatliche Behörde wird mit eigenem Personal und Befugnissen ausgestattet, um die Einhaltung des Gesetzes zu kontrollieren. Bei Verstößen kann sie Buß- und Zwangsgelder verhängen und Unternehmen von der öffentlichen Beschaffung ausschließen. Die Behörde, welche für das Gesetz zuständig sein wird, ist das  Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BaFa). Diese ist dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt, also jenem Ministerium welches dem Lieferkettengesetz kritisch gegenüber steht. Es sollte sichergestellt werden, dass auch das für das Gesetz zuständige  Bundesministerium für Arbeit und Soziales neben dem Bundeswirtschaftsministerium ausreichend Mitspracherecht und Befugnisse gegenüber der Behörde hat. Zudem sollte fortlaufend geprüft werden, ob die Ausstattung und Befugnisse der BaFa ausreichen, um die  Kontrollaufgaben mit größter Sorgfalt wahrzunehmen.

4. Ein Gesetz für ca. 3.600 Unternehmen: Der Anwendungsbereich muss ausgeweitet werden

Das Gesetz soll erst ab 2023 gelten, und dann auch erst einmal nur für sehr große Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigen. Das sind gerade einmal etwa 600 Unternehmen. Ein Jahr später, also erst ab 2024, sollen dann Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten von dem Gesetz erfasst werden. Das sind immer noch gerade einmal etwa 3.000 Stück. Damit tatsächlich ein Level-Playing-Field geschaffen wird, welches verbindliche Pflichten für alle Unternehmen setzt und auch umfassend Risiken in globalen Lieferketten erfasst, reicht dies nicht aus.

5. Umwelt ist nicht nur Quecksilber: Es braucht umweltbezogene Sorgfaltspflichten

In dem Gesetzentwurf fehlen umfassende umweltbezogene Sorgfaltspflichten. Er verpflichtet Unternehmen lediglich in Bezug auf sehr bestimmte Themen wie etwa bei Quecksilberemissionen zu mehr Umweltschutz. Damit auch Umweltzerstörungen, die nicht direkt oder nur kumulativ zu Menschenrechtsverletzungen führen, wie die weitere Zerstörung der Biodiversität, durch die Wirtschaft verhindert werden, braucht es neben menschenrechtlichen auch Sorgfaltspflichten, die Umweltbelange adressieren.

6. Sozial und ökologisch wird auch weiterhin nicht die Regel, sondern Ausnahme bleiben

Seit Jahren zeigen Fair-Handels-Unternehmen wie faire und ökologische Handelsbeziehungen entlang internationaler Lieferketten umgesetzt werden können. Doch im derzeitigen globalen Wirtschaftssystem, wo Menschenrechtsverletzungen und die Zerstörung der Umwelt häufig folgenlos bleiben, werden sie und auch andere Vorreiterunternehmen benachteiligt. Daran wird auch der vorliegende Gesetzentwurf nur marginal etwas ändern, da die Sorgfaltspflichten stark eingeschränkt, die Durchsetzung ohne die zivilrechtliche Haftung ungenügend ist und zu wenige Unternehmen erfasst sind.

Ein ambitioniertes Lieferkettengesetz würde ein Signal setzen, dass menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten für Unternehmen nicht dieAusnahme, sondern der Standard sein müssen. Der Gesetzentwurf muss entsprechend dringend nachgebessert werden.

 

 

 

 

 

Der Weltladentag fällt dieses Jahr wegen der Coronakrise aus. Trotzdem gibt es eine Petition im Weltladen Metzingen zur Unterstützung der Forderung nach einer Lieferkettengesetz. Die Notwendigkeit für ein globales Instrument zur Behebung und Verhütung von Menschenrechtsverletzungen in Wirtschaftszusammenhänge ist schon seit 2011 erkannt worden, als die Vereinten Nationen ihre Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedeten. Seitdem ist viel zu viel Zeit vergangen. Wir brauchen ein Lieferkettengesetz jetzt. Wie Entwicklungsminister Gerd Müller festgestellt hat, alle Bemühungen globale Unternehmen in Deutschland zu einer freiwilligen Verpflichtung zu bewegen sind gescheitert.

Und jetzt gibt es die Coronakrise, die laut Ulrike Selje, Vorsitzende des Weltladens in Metzingen „enthüllt die Wichtigkeit transparenter, zuverlässiger Lieferketten für die globale Wirtschaft wie auch die ungleiche Verteilung der Macht. Denn gerade Menschen, die an Anfang der Lieferketten stehen, sind von der Pandemie doppelt betroffen. Zusätzlich zur Krankheit drohen ihnen aufgrund von Auftragskündigungen europäischer Unternehmen Massenentlassungen. Ohne jegliche soziale Absicherung, ohne Arbeitslosen- und Krankenversicherungen fallen sie ins bodenlose“

https://www.swp.de/suedwesten/staedte/metzingen/weltladentag_-fairer-handel-in-metzingen-unterschriften-statt-aktionen-46125816.html

Zum Thema gibt es ein neues Schaufenster-Display im Weltladen Metzingen. Die Inhalte kann man auch hier unter der Rubrik „Schaufenster“ (siehe links) lesen.