- Details
„Jetzt haben die Griechen schon wieder ein Hilfspaket bekommen!
Sollen die doch mal was schaffen, statt es sich auf unsere Kosten gut gehen zu lassen!“
So lautet der Mainstream, den wir laufend zu hören bekommen.
Als die Griechen noch als Gastarbeiter zu uns kamen, galten sie als fleißige, zuverlässige Arbeitskräfte.
Wie geht es den Griechen wirklich?
In den Geschäftsstraßen der Städte sind viele Läden geschlossen. Die Menschen haben nur noch Geld, um sich das Lebensnotwendigste zu kaufen.
Seit 2009 stieg die Arbeitslosigkeit von 7% auf heute 25%. Die Jugendarbeitslosigkeit ist die größte in Europa. Sie liegt bei 53 %.
Nur wer 2 Jahre lang einen Beitrag in die Arbeitslosenkasse eingezahlt hat, bekommt 1 Jahr lang Arbeitslosenhilfe. Danach gibt es nichts mehr.
Immer mehr Menschen haben ihre Ersparnisse aufgebraucht. Sie haben ihre Wohnung verloren und leben bei Eltern oder Verwandten.
Die Obdachlosigkeit steigt und die Suppenküchen für Arme werden von immer mehr Menschen aufgesucht.
Viele können keinen Krankenkassenbeitrag mehr bezahlen und haben ihre Krankenversicherung verloren. Kranke Menschen sterben, weil sie sich keine ärztliche Versorgung leisten können. Lebenswichtige Medikamente fehlen.
Die Anzahl der Säuglingssterblichkeit ist um 25% gestiegen, da viele Frauen ihre Kinder zu Hause auf die Welt bringen müssen: Die klinische Entbindung ist für sie zu teuer.
Die Anzahl der Kinder mit zu geringem Geburtsgewicht stieg um 19% und die Kindersterblichkeit um 43 %.
Eine Ursache dafür ist der chronische Hunger, der sich in Griechenland zunehmend ausbreitet.
Schwere Depressionen sind um das 2,5 fache und die Selbstmordrate um 45 % gestiegen.
Die Ursachen der hohen Staatsverschuldung
- Strukturelle Ursachen
Griechenland war schon immer ein agrarisch geprägtes Land mit geringer industrieller Produktion. Die Haupteinnahmen stammen aus dem Tourismus. Damit gehörte Griechenland von Anfang an zu den ärmsten Ländern der EU.
Durch die Einführung des Euro wurde diese Position verstärkt. Da die griechische Industrie nicht wettbewerbsfähig war, gingen viele Betriebe bankrott. Immer mehr Waren mussten importiert werden.
Dieser Importüberschuss führte zu einer zunehmenden Verschuldung.
- Folgen der Wirtschaftskrise
Die Immobilienkrise in den USA löste eine weltweite Bankenkrise aus, da die „faulen Kredite“ weltweit zwischen Banken ge- und verkauft worden waren um Spekulationsgewinne zu machen.
Die Politiker sahen sich gezwungen, die Banken zu retten. Dafür setzten sie Steuergelder ein. Dies führte zu Einsparungen in sozialen Bereichen und beim Ausbau der Infrastruktur. Trotzdem mussten Schulden gemacht werden. Dies traf vor allem arme Staaten wie Griechenland hart.
Die Verursacher der Krisen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Darum wird weiter spekuliert und Großanleger und Spekulanten machen weiterhin riesige Gewinne.
Die Gewinne machen die Großanleger und Spekulanten, die Verluste müssen die Normalbürger abbezahlen.
- Spekulanten wetten auf Zahlungsausfall
Griechenland verkaufte Staatsanleihen um Geld für die Bankenrettung zu bekommen. Die Käufer der Staatsanleihen versicherten sich gegen einen Kreditausfall: Sie erhielten gegen eine Prämie CDS: Credit Default Swaps.
Spekulanten, die keine Staatsanleihen kauften, also Griechenland auch keinen Kredit zur Verfügung stellten, kauften ebenfalls CDS.
Je mehr CDS gekauft wurden, umso teurer wurden die Prämien. Dadurch stiegen für Griechenland die Zinsen für neue Kredite. Mit den Zinsen stiegen auch die Schulden.
Die Staatsverschuldung von Griechenland nahm weiter zu.
Rating-Agenturen stuften Griechenland von AAA- auf C herab. Die Zinsen für Staatsanleihen erhöhten sich in kurzer Zeit auf über 16 %.
Griechenland gerät in eine ausweglose Lage.
- Hausgemachte Ursachen
Verbreitet sind:
- Steuerhinterziehungen
- Korruption
- Hohe Militärausgaben
Genau wie bei uns in Deutschland können nur Selbstständige Steuern hinterziehen. Arbeiter und Angestellte erhalten einen Nettolohn.
Doch Steuerhinterziehung ist keine typisch griechische Eigenschaft. In allen Staaten bringen Reiche und Superreiche ihr Geld in Steuerparadiese. Man denke nur an die Steuer-CDs aus der Schweiz.
Auch die Korruption kann nur von denen betrieben werden, die Geld oder Macht haben.
Die hohen Militärausgaben wurden lange Zeit von der EU gelobt. Schließlich verdienten deutsche und französische Waffenschmieden gut daran. Auch verlangt die NATO, dass die Militärausgaben nicht gekürzt werden.
Die „Hilfspakete“ von EU, EZB und IWF
Kredite für Bankenrettung gegen Sparauflagen für das Volk
Die europäischen Regierungen hatten Angst, dass zahlungsunfähige griechische Banken andere europäische Banken mit in den Ruin ziehen könnten. Darum erhielt Griechenland 2010 das erste „Hilfspaket“.
Es diente nur dazu, die Schulden der Banken zu tilgen. Das Volk erhielt nichts davon.
Dabei handelte es sich bei dieser „Hilfe“ nicht um ein Geschenk, sondern um einen zinsgünstigen Kredit, der die Staatsverschuldung weiter erhöhte. Für diese „Hilfe“ bekamen die Menschen „Strukturanpassungsprogramme“ auferlegt.
Das Strukturanpassungsprogramm: es beinhaltet
- Sparmaßnahmen bei öffentlichen Ausgaben. Dies betrifft die Unterstützung sozial Schwacher, das Bildungs- und Gesundheitswesen, Kürzungen von Renten und Minimallohnniveau.
- Erhöhung der Mehrwertsteuer. Sie trifft die Armen mehr als die Reichen. Diese wurden wie immer verschont.
- Privatisierung von öffentlichem Eigentum. Der Verkauf soll Geld in die Staatskasse bringen, um die Schulden zu tilgen. Doch dies führt auch zu verminderten Einnahmen des Staates.
Die Reichen haben ihr Geld ins Ausland geschafft.
Der Klein- und Mittelstand muss zahlen und verarmt.
Doch an dieser „Austeritätspolitik“ halten die „Helfer“ fest. Dies gilt besonders für Deutschland.
Auch die beiden folgenden „Hilfsprogramme“ in Form von Krediten gibt es nur gegen weitere Sparmaßnahmen. Diese Kredite werden benötigt, damit Griechenland seine Schulden tilgen kann – und nur in geringen Maßen für eine wirtschaftliche Erholung!
Durch die Kredite und Zinsen wachsen die Schulden weiter!
Gewinner sind die Kreditgeber – sie verdienen an den Zinsen.
Wie soll ein Land mit dieser Politik wieder wirtschaftlich erfolgreich werden?
Aus diesen Gründen hatten die Griechen bei der letzten Wahl die etablierten Parteien abgewählt und bei der Volksabstimmung im Juli für „Oxi“ gestimmt.
Die „faulen“ Griechen?
Griechenland und Deutschland im Vergleich
Die Zeit: „Die Mär von den faulen Griechen ist eine Mär.“, 18.06.2015
|
Griechenland |
Deutschland |
Durchschnittliche Wochenarbeitszeit |
41.9 Stunden |
35,3 Stunden |
Jährliche Arbeitszeit |
2004 Stunden |
1393 Stunden |
Durchschnittlohn / Stunde |
23.900 Euro im Jahr |
Westen: 18 – 22 Euro Osten: 15 Euro 42.400 Euro im Jahr |
Urlaubstage |
23 |
30 |
Renteneintrittsalter real |
64,4 Jahre 61,9 – Erhöhung auf 67 Jahre |
65,1 Jahre 61,5 – Erhöhung auf 67 Jahre |
Durchschnittsrente, Netto Die Welt.de |
958 Euro |
Westen: 734 Euro Osten: 896 Euro |
Was geschieht mit 86 Mrd. Euro aus dem 3. „Hilfspaket“?
25 Mrd. Euro Rekapitalisierung von griechischen Banken
54 Mrd. Euro Tilgung von Schulden und Zinsen
7 Mrd Euro: Abbau von Zahlungsrückständen der griechischen Regierung an heimische Unternehmen.
Gelder der ersten 2 „Hilfspakete“: 240 Mrd. Euro
140 Mrd Euro: Schuldentilgung
50 Mrd. Euro: Bankenrettung
15 Mrd. Euro: Rückkauf von Staatsanleihen
15 Mrd. Euro: Deckung des laufenden Haushaltsdefizits (Lohnzahlung, Zahlung von einheimischen Unternehmen)
Der Rest wurde nicht ausgezahlt.
Geld für Investitionsprogramme und Sozialhilfen fehlt.
Quelle: SWP, 19.8.2015
- Details
Sehr viel, denn arme Länder haben bereits sehr schlechte Erfahrungen mit Freihandelsabkommen gemacht.
- Die Investitionsschutz-Klausel
Sie wurde angeblich nur deswegen in Freihandels-abkommen eingefügt, um ausländische Investoren vor willkürlichen Enteignungen zu schützen.
Doch sie werden missbraucht, um zum Beispiel Mindestlöhne (Ägypten) oder eine staatlich verordnete Absenkung der Trinkwasserpreisen zu verhindern (Argentinien).
- Mit Freihandelsakommen, die mit den USA geschlossen werden, kommt auch die Gentechnik
Amerikanische Agrarkonzerne beherrschen inzwischen in vielen Staaten den Agrarmarkt. Gentechnisch verändertes Saatgut wird den Bauern angedreht. Für herbizid-resistentes Saatgut müssen sie das passende Pestizide dazu kaufen: Glyphosat – ein Roundup-Gift, welches alle Pflanzen abtötet, denen kein Schutzgen eingepflanzt wurde.
Glyphosat ist hochgiftig: es verursacht Missbildungen.
Trotzdem werden immer mehr Landwirte von diesen Konzernen abhängig, denn auf den glyphosat-vergifteten Böden können keine andere Pflanzen mehr wachsen.
Damit hat Biologischer Landbau in diesen Ländern keine Chancen mehr.
Außerdem lassen diese Konzerne natürlich entstandenes und traditionell genutztes Saatgut patentieren, so dass es kein Bauer mehr ohne die Genehmigung der Konzerne anbauen darf. Die Strafen für Zuwiderhandlung kann sich kein Bauer in diesen armen Ländern leisten.
- Nahrungsmittelimporte aus Industriestaaten
In Industriestaaten werden Nahrungsmittel mit großem technischen und chemischen Aufwand erzeugt. Dadurch werden Überschüsse produziert, die dann preiswert auf den Märkten armer Länder landen. Dies gilt z.B. für Mais oder Schlachtabfälle von Hühnern und Schweinen (Pfoten, Hälse, usw.). Die einheimischen Bauern sind dieser Konkurrenz nicht gewachsen und müssen ihren Betrieb aufgeben.
- Regelung für Importe aus Drittstaaten
Unklar ist, wie stark sich Nordamerika und die EU mit diesen Verträgen gegen die Einfuhren aus Drittstaaten abschotten.
Sollten die Importzölle für Waren, die auch innerhalb des Wirtschaftsraums erzeugt werden, sich erhöhen, dann wäre dies ein Tiefschlag für die Entwicklung armer Länder.
Ihre Produkte würden sich verteuern und sie wären auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt nicht mehr konkurrenzfähig.
Die Menschen in den meisten dieser Staaten sind aber vom Export ihrer Agrarprodukte völlig abhängig.
- Produkte aus fairem Handel
Diese Gefahr trifft auch Waren aus dem fairen Handel.
Sollten die Importzölle auf diese Produkte erhöht werden, dann könnte der faire Handel zusammenbrechen.
Doch die Menschen sind auf diese Einnahmen angewiesen um ihr Leben zu verbessern: Für uns selbstverständliche Einrichtungen wie Schulen, Toiletten, fließendes Wasser und ärztliche Versorgung sind für viele dieser Menschen neue Errungenschaften, die sie sich erst durch die Einnahmen aus dem fairen Handel leisten können.
- „Mit TTIP und CETA sollen weltweite Standards vorgegeben werden“
so der ehemalige EU-Verhandlungsführer Karel De Gucht. Nordamerika und Europa wollen ihre Wirtschaft vor den aufstrebenden Schwellenländern schützen. Der Vertrag soll Vorbild sein für weitere Freihandelsverträge mit anderen Staaten. Dies ist auch ein wichtiger Grund, warum der umstrittene Investitionsschutz-Passus nicht aus den Verträgen gestrichen wird.
Doch diese Politik läuft auf einen Konfrontationskurs heraus. Mit TTIP und CETA sollen andere Staaten, die weniger Macht haben als die USA und die EU, zu Verträgen gezwungen werden, die den USA und der EU genehm sind.
Statt Völkerverständigung mit dem Ziel von Harmonisierung des Welthandels und eines friedlichen Miteinanders geht es um die Frage, wer auf der Erde auch in Zukunft die Macht hat und behält.
|
- Details
Freihandelsverträge: TTIP, CETA und TiSA |
Wir wenden uns mit diesem Brief an Sie, an unsere demokratisch gewählten Vertreter, um unserer Sorge über die Freihandels-abkommen CETA, TTIP und TiSA Ausdruck zu verleihen.
Führende Politiker im Land und in der EU versprechen uns durch diese Handelsverträge Wirtschaftswachstum und Wohlstand.
Die Wirtschaft soll durch TTIP in Europa in 10 Jahren um 0,5 % zunehmen, also um 0,05% pro Jahr (Studie des ifo-Instituts)!
Außerdem soll jeder Haushalt durchschnittlich 545 Euro mehr erhalten. Durchschnittlich heißt aber nicht, dass jeder Haushalt über diesen Betrag verfügen kann, sondern es ist vielmehr zu erwarten, dass Wenige sehr viel an den Handelsverträgen verdienen und der Rest leer ausgeht.
Diese beiden Prognosen sollen laut dem CDU-Positionspapier zu vermehrtem Wohlstand führen.
Doch Prognosen halten selten das, was sie versprechen, da sie immer an bestimmte Bedingungen geknüpft sind, die oftmals nicht eintreffen.
Unser Problem in Deutschland ist nicht der Mangel an Wohlstand, sondern die ungleiche Verteilung des Wohlstandes. Deutschland hat mit 0,78 den schlechtesten Gini-Index in Europa, bei gleichzeitig höchstem BIP. (Ein Gini-Index von 1 bedeutet, dass eine Person alles besitzt und ein Gini-Index von 0 bedeutet, dass alle gleich viel haben.)
Diese Ungleichheit wird durch die Freihandelsverträge nicht verschwinden. Dazu sind nationale Gesetze nötig.
In TTIP geht es um den Ausbau des atlantischen Handels von Waren und Dienstleistungen. Dafür sollen sogenannte Handelshemmnisse beseitigt werden. Ein wirklicher Bedarf nach mehr Waren besteht eigentlich nicht, denn die Märkte sind sowohl in den USA als auch in Europa gesättigt. Die Konsumenten bekommen im Prinzip alles, was sie brauchen, sofern sie das Geld dafür haben. Es geht daher überwiegend um einen Verdrängungswettbewerb zwischen den Unternehmen. In vielen Fällen gilt: Wer preiswerter produzieren kann, kann seine Waren preiswerter anbieten und setzt sich auf dem Markt durch. Der Konkurrent verschwindet.
Dabei gehen natürlich auch Arbeitsplätze verloren.
Wir befürchten, dass der regulatorische Rat, der in TTIP verankert werden soll, unsere Demokratie untergräbt. Der regulatorische Rat, der aus Vertretern von Wirtschafts- und Finanzwelt besteht, hat das Recht, sich in neue Gesetzgebungsverfahren einzuklinken. Er bekommt noch vor den gewählten Abgeordneten Einblick in geplante Gesetze und kann sie beeinflussen. So soll auch nach Abschluss der Verträge verhindert werden, dass Gesetze verabschiedet werden, die sogenannte neue Handelshemmnisse bewirken. Solche Handelshemmnisse lägen vor allem in den Bereichen Umwelt-, Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsschutz.
Ein regulatorischer Rat erhält damit eine größere Macht als die gewählten Volksvertreter. Er ist ein massiver Angriff auf die Demokratie.
Führende Politiker versprechen, dass durch die Freihandelsabkommen unsere Standards in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Soziales nicht abgesenkt werden. Doch wir können schon im Vorfeld beobachten, noch bevor diese Abkommen unterzeichnet wurden, dass Standards sinken. So gibt es neue EU-Vorgaben und nationale Gesetze für Gentechnik und Fracking, welche sehr schwammig formuliert sind und Hintertüren in Form von Ausnahmen offen lassen.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Abkommen für möglichst viele Bereiche verhandelt wird, damit es mehr Möglichkeiten für Kompromisse gibt, nach dem Motto: Gibst du mir, dann geb ich dir.
So werden die großen amerikanischen Agrarkonzerne sich nicht vom europäischen Markt fernhalten lassen. Und mit ihnen kommt die Gentechnik. Da in Europa Gentechnik wenig beliebt ist und gentechnisch veränderte Produkte gemieden werden, werden diese Konzerne darauf drängen, dass die Kennzeichnungspflicht verboten wird. Sie kann als eine Diskriminierung bzw. als Handelshemmnis interpretiert werden.
Welche Produkte sich dann auf dem Markt durchsetzen, die billigen der Großkonzerne oder die teureren aus nachhaltig erzeug-ter kleinbäuerlicher Produktion, wird der Markt entscheiden.
Da können uns Politiker keine Versprechungen machen. Oder wollen sie plötzlich in den Markt eingreifen, nachdem er durch die Abkommen weiter liberalisiert und dereguliert werden soll? Wohl kaum.
Es wird zwar versprochen, dass es weiterhin regionale Produkte gibt und die kleinbäuerliche bzw. nachhaltige Landwirtschaft erhalten bleibt. Doch würden dies die Politiker ernst meinen, dann stünde in dem Vertrag ein Kapitel, welches diesen Schutz garantiert und regelt. Aber es geht in den Verträgen ja um Deregulierung und um die Förderung des freien Handels. Darum kann dieser Schutz nicht garantiert werden.
Die Einhaltung dieser Versprechen liegt nicht in der Macht der Politiker, denn sie entmachten sich durch diese Verträge selber.
Auch fürchten wir um den Vorsorgeschutz. Während in Europa der bloße Verdacht, dass ein Stoff eine schädliche Wirkung hat, genügt, um ihn zu verbieten, muss in den USA ein Verbot vor einem Gericht erstritten werden. Die Schädlichkeit muss wissenschaftlich beweisbar sein. Dies ist außerordentlich schwierig, wenn es sich um eine Chemikalie handelt, die schleichend giftig wirkt und nur einzelne Menschen schädigt. Tierversuche helfen hier nicht weiter, denn sie beweisen nicht, dass der betreffende Stoff auf Menschen toxisch wirkt. Hinzu kommt, dass Großkonzerne viel Geld in ihre Anwälte investieren. Bei diesen Gerichtsverhandlungen vertreten versierte Juristen, denen es primär nur um einen Sieg ihres Klienten geht, die Unternehmerseite.
Unklar ist, ob es in den Verträgen eine Regelung für Importe aus Drittstaaten gibt.
Darunter fällt die Frage, ob Produkte, die auch innerhalb des TTIP-Wirtschaftsraums erzeugt werden, aus anderen Ländern eingeführt werden dürfen. Sollten die Importe solcher Waren erschwert werden, zum Beispiel durch Erhöhung der Zölle, dann wäre dies ein Tiefschlag für die Entwicklung armer Länder, deren Wirtschaft vom Export ihrer Agrarprodukte abhängt.
Laut den WTO-Regeln, deren Grundsätze in die Freihandelsverträge übernommen werden, dürfen Staaten den Handel mit Waren nicht davon abhängig machen, unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Egal, ob ein Produkt
ökologisch erzeugt wurde oder mit hohem Pestizideinsatz oder gentechnisch – diese Kriterien dürfen für die Zugangsberechtigung auf den Markt keine Rolle spielen.
Das bedeutet, dass das Siegel „fairer Handel“ auch nicht bevorzugt werden darf.
Auch dies trifft die Menschen in armen Ländern zu tiefst, denn der faire Handel ermöglicht ihnen, ihr Leben zu verbessern: Für uns selbstverständliche Einrichtungen wie Schulen, Toiletten, fließendes Wasser und ärztliche Versorgung sind für Viele neue Errungenschaften, die sie sich erst durch die Einnahmen aus dem fairen Handel leisten können.
Mit TTIP und CETA sollen weltweite Standards vorgegeben werden, so der ehemalige EU-Verhandlungsführer Karel De Gucht. Nordamerika und Europa wollen ihre Wirtschaft vor den aufstrebenden Schwellenländern schützen. Der Vertrag soll Vorbild sein für weitere Freihandelsverträge mit anderen Staaten. Dies ist auch ein wichtiger Grund, warum der umstrittene Investitionsschutz-Passus nicht aus den Verträgen gestrichen wird. Durch diesen Passus haben transnational tätige Investoren die Möglichkeit, Staaten vor einer internationalen Schiedsstelle zu verklagen, wenn sie ihre Gewinnerwartung durch eine nationale Gesetzgebung bedroht fühlen.
Doch diese Politik läuft auf einen Konfrontationskurs heraus. Mit TTIP und CETA sollen andere Staaten, die weniger Macht haben als die USA und die EU, zu Verträgen gezwungen werden, die den USA und der EU genehm sind.
Statt Völkerverständigung mit dem Ziel von Harmonisierung des Welthandels und eines friedlichen Miteinanders geht es um die Frage, wer auf der Erde auch in Zukunft die Macht hat und behält.
Dies ist ein gefährlicher Zündstoff für kommende Konflikte.
Mit diesen Verträgen sollen uns Bedürfnisse eingeredet werden, die im Grunde genommen eigentlich nicht existieren.
Was für uns und für unsere Zukunft wichtig ist, sind nachhaltige Gesetze und ihre Umsetzung. Hierbei ist „Nachhaltigkeit“ im wahren Sinne des Wortes gemeint: Wir müssen heute so leben, dass alle Menschen auf der Erde und auch künftige Generationen ihre Grundbedürfnisse decken und ein menschenwürdiges, gesundes Leben in Frieden führen können.
Wir brauchen für neue Produkte Ökobilanzen, bevor sie genehmigt werden. In Ökobilanzen werden Produkte auf den Verbrauch von Rohstoffen und Energie getestet, es wird geprüft, wie sie entsorgt werden können und ob sie eine schädliche Wirkung haben.
Nachdem, was bekannt ist, ist dies kein Thema der Verträge.
Durch den Ausbau des transatlantischen Handels entstehen unnötige Warenströme. Es werden noch mehr Produkte transportiert, die es auf beiden Seiten des Atlantiks gibt.
Das heizt den Klimawandel weiter an.
Gleichzeitig wird ein wertvoller und zunehmend knapper werdender Rohstoff verschwendet, das Mineralöl.
Wir brauchen Erdöl aber für wichtigere Produkte: Ohne Erdöl fehlt der Rohstoff für Medikamente, medizinische Geräte, Farben, Lacke, Dünger, Waschmittel und andere Stoffe. Zum Verbrennen in Motoren ist Erdöl viel zu schade. Diese Verschwendung können wir uns nicht leisten, denn es gibt keinen gleichwertigen Ersatzrohstoff für die wichtigen chemischen Produkte.
Durch die Freihandelsabkommen soll der Konsum angeheizt werden: Mehr Angebote und mehr Auswahl zu sinkenden Preisen.
Letztendlich muss man bedenken, dass eine Zunahme der Produktion und des Konsums zu einer Zunahme des Rohstoffverbrauchs führt. Doch die Rohstoffe sind endlich. Und die Förderung führt meist zur Landschaftszerstörung und zur Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat.
Dies kann man beobachten beim Braunkohleabbau, bei der Gewinnung von metallischen und mineralischen Rohstoffen und bei großen Stauseen, deren Wasser zur Stromgewinnung genutzt wird.
Diese Eingriffe führen häufig zur Vergiftung von Gewässern und begünstigt immer den Klimawandel.
Wo steht in TTIP, dass Abfallstoffe Wertstoffe sind und recycelt werden müssen?
Es ist nichts darüber bekannt, dass es in diesen Verträgen ein Kapitel gibt,
- welches sich mit Ökobilanzen, Recycling und erneuerbaren Energien beschäftigt.
- welches die Mitbestimmungsrechte der Menschen beinhaltet.
Dagegen gibt es aber ein Kapitel,
- welches Investoren „das höchstmögliche Maß an Rechtschutz und Rechtsicherheit“ garantieren soll und
- Lobbyisten ein Mitspracherecht bei der Gesetzgebung einräumt.
Diese Verträge sollen Zölle abbauen und Industrienormen und Haftungsrisiken zwischen der EU und den USA vereinheitlichen.
Brauchen wir aber deswegen Verträge, die zusätzlich noch so viele andere Bereiche umfassen, nur damit leichter Kompromisse gefunden werden können?
Brauchen wir Verträge, die einseitig auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet sind?
Brauchen wir Verträge, die den Klimawandel, den Rohstoffverbrauch und die Abfallberge fördern?
Brauchen wir Verträge, die demokratische Grundrechte aushebeln?
Dies ist alles andere als nachhaltig. Es hilft unseren Kindern nicht, ein menschenwürdiges Leben zu führen, denn die Konsumprodukte, die heute hergestellt werden, um das Wirtschaftswachstum zu steigern, sind bis dahin alle Müll.
Und das hinterlassen wir unseren Kindern?
Geplünderte Rohstoffquellen, Abfälle, von denen wir heute nicht wissen, wie wir sie beseitigen können, Klimawandel mit seinen katastrophalen Auswirkungen und Verträge, die nicht kündbar sind!
Wenn diese Verträge erst einmal ratifiziert sind, dann gibt es keinen einfachen Weg zurück.
Völkerrechtliche Verträge sind unkündbar. Sie gelten für die nachfolgenden Generationen, ob diese wollen oder nicht.
Aus diesen Gründen bitten wir alle Abgeordneten, diese Freihandelsverträge bei der Abstimmung im Bundestag, Bundesrat und Europaparlament abzulehnen.
- Details
Freihandelsverträge
Ziel ist der freie Handel –
die Liberalisierung und Deregulierung der Märkte für Waren, Dienstleistungen, Finanzen und Investitionen. Dafür müssen Handelshemmnisse abgebaut werden.
Die Verträge beinhalten den Abbau von Zöllen und eine Vereinheitlichung von Vorschriften für technische Vorgaben, Sicherheits-, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards.
Typisch für Freihandelsverträge ist, dass sie geheim verhandelt werden und dass sie eine Investitionsschutz-Klausel enthalten.
Investitionsschutz-Klausel:
Sehen ausländische Investoren ihre Gewinnerwartung durch ein neues Gesetz in Gefahr, dann können sie vor einer internationalen Schiedsstelle den Staat verklagen. Diese Schiedsstelle besteht aus 3 Wirtschaftsanwälten. Sie verhandeln geheim. Sie müssen ihr Urteil nicht begründen. Gegen ihr Urteil kann kein Widerspruch eingelegt werden.
Der Staat ist immer der Beklagte. Er kann keinen Investor anklagen.
- Philip Morris verklagt Uruguay, weil auf Zigarettenpackungen Warnhinweise stehen müssen.
- Vattenfall verklagt Deutschland, weil es Atomkraftwerke wegen dem Atomausstieg vorzeitig abschalten musste.
- Lone Pipe verklagt Kanada wegen einem Fracking-Moratorium.
- Und viele andere: über 3000 Klagen gab und gibt es.
CETA
Comprehensive Economic and Trade Agreement – Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen.
Der Vertrag ist zwischen der EU und Kanada ausgehandelt worden. Er wird derzeit übersetzt und soll Ende 2015 von den betroffenen Staaten unterzeichnet werden.
CETA gilt als „Blaupause“ für TTIP.
TTIP
Transatlantic Trade and Investment Partnership – Abkommen zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft.
Der Vertrag wird zwischen der EU und den USA ausgehandelt. Die Verhandlungen sollen Ende 2015 beendet sein.
TiSA
Trade in Services Agreement – Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen
Seit 2012 wird der Vertrag zwischen 50 Staaten ausgehandelt. Dazu gehören auch die EU und die USA.
Es wird befürchtet, dass alle Kapitel, die aus TTIP gestrichen werden, um dem Widerstand der Bevölkerung auszuweichen, heimlich in TiSA wieder auftauchen.
Der aktuelle Stand
In Reutlingen hat sich vor einem Jahr ein „Reutlinger Bündnis STOP TTIP“ gegründet. An diesem Bündnis sind mehrere Gruppen aus der Region beteiligt.
Inzwischen hat die europäische Bürgerinitiative fast 1,6 Mio. Unterschriften gegen das Freihandelsabkommen TTIP und CETA gesammelt. An dieser Europäischen Bürgerinitiative sind rund 250 Organisationen europaweit beteiligt.
Widerstand gegen das Abkommen gibt es nicht nur in Europa, sondern auch in den USA.
Am 18.4. 2015 findet ein europaweiter Aktionstag gegen die Freihandelsabkommen statt.
Da die Abgeordneten über die Verträge abstimmen müssen, sind sie für uns wichtige Ansprechpartner.
Unbekannt ist noch, ob es genügt, dass nur das Europaparlament abstimmt oder ob alle nationalen Parlamente auch ein Abstimmungsrecht erhalten.
Im Laden gibt es Kopien von diesem Offenen Brief.
Er wurde verfasst vom „Reutlinger Bündnis Stopp TTIP“.
- Details
Der Weg des Elektroschrotts
Die Elektrogeräte haben eine lange Reise hinter sich. In ihren Herkunftsländern müssten sie in Spezialanlagen teuer entsorgt werden. Ein Kostenfaktor, der gerne umgangen wird.
Es ist zwar seit 1989 verboten, giftigen Müll zu exportieren, aber es gibt einen Trick: Die Geräte werden als Gebrauchtwaren deklariert und in arme Länder exportiert. Ein großer Teil landet dabei in Ghana.
Nach einer Schätzung des Bundesverbandes für Sekundärrohstoffe und Entsorgung würden weniger als 30 Prozent des anfallenden Elektroschrotts in Deutschland entsorgt.
Der Schrott wird im Hafen von Accra, der Hauptstadt von Ghana sofort weiter verkauft. Die Händler übernehmend containerweise die Ware. „Wie viele der Scanner, Bügeleisen und PCs funktionieren ist Glücksache“, erklärt Yeboah, der einen Elektromarkt betreibt. „Rund 30% kriegen wir wieder flott, bei einem weiteren Teil können wir Ersatzteile ausbauen.“
Was übrig bleibt, wird mit dem Handkarren von Müllhändlern abgeholt und zur Müllkippe gebracht. Dort werden die Geräte von Kindern aufgebrochen. Sie suchen nach wertvollen Rohstoffen wie Kupfer.
Dass sie sich dabei schwer vergiften, wissen sie nicht.
„Fest steht, kaum jemand auf der Deponie ist älter als 25 Jahre“, sagt Patience vom Kindermissionswerk.
Die Müllkinder von Agbogbloshie
Lebensrisiko für ein paar Cent am Tag
Bevor Steven sich über das Feuer beugt, hält er die Luft an und zieht sich das Hemd vor die Nase. Dann drischt er mit einem dünnen Holzstiel auf den lodernden Haufen zu seinen Füßen ein. Das Feuer zischt, grüne und gelbe Funken sprühen hoch.
Die Flammen lassen die Plastikisolierung der Kupferkabel schmelzen, die der 12-jährige Steven in sein Feuer gelegt hat. Die Kupferkabel stammen aus einem Computermonitor, der vielleicht einmal in einem Kölner Büro gestanden hat.
Das Kupfer wird Steven später an einen Metallhändler verkaufen – etwas mehr als einen Euro bringt das Kilo.
Steven hustet krampfartig, seine Augen sind rot, seine Lymphknoten geschwollen.
Was er bei seiner Arbeit auf der Müllhalde tagtäglich einatmet ist ein Giftcocktail aus Blei, Dioxinen, Cadmium und vielem mehr.
Steven wohnt mit seiner Familie in einem Slum.
Jeden Morgen gegen sechs Uhr kommt er auf den Schrottplatz.
Zur Schule kann er nicht gehen, weil die Familie kein Geld für Bücher und Schulessen hat.
aus: Geographie aktuell 5/2012
Goldgewinnung:
Flusssande werden durchsiebt
Tiefe Gruben werden in den Wald gegraben
Minen werden in Berge gegraben
Anschließend wird das Gold mit Zyanid oder Quecksilber aus dem Sand oder Gestein herausgelöst.
Die Folgen sind unübersehbar:
- Zerstörte Landschaft
- Riesige Abraumhalden
- Tote Flüsse
- Vergiftetes Wasser
- Vergiftete Fische
- Vergiftete Menschen
- Kinderarbeit in den Minen